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Es
gibt ein Leben nach Corona!
Eggentalerin Tamara Lunger:
„Wir müssen gerade alle
im
Basislager ausharren“
Ist in der Form ihres Lebens: Tamara Lunger
daheim im Eggental.Foto: Tamara Lunger
daheim im Eggental.Foto: Tamara Lunger
Die Südtiroler Extrembergsteigerin nutzt
die Zeit zur Selbstfindung und gibt anderen
Menschen Hoffnung: „Mit wenig Aufwand kann man derzeit viel helfen.“
Das Telefoninterview beginnt fünf Minuten
später. Tamara Lunger braucht noch einen Moment zum Dehnen nach dem Training.
Die Extrembergsteigerin aus dem Südtiroler Eggental ist – nach ihrem Unfall am
Gasherbrum I (8080 Meter) in Pakistan Ende Januar – wieder fit. So wie noch nie
zuvor in ihrem Leben. Für die 33-Jährige ist die von der Corona-Pandemie
bedingte Zwangspause „ein Segen“.
Sie nutzt die Zeit für Meditation, Rückbesinnung und Training. Und sie will anderen Menschen Hoffnung geben: „Wir sind alle in der gleichen, blöden Situation. Aber wenn wir das zusammen meistern, dann schaffen wir alles.“
Sie nutzt die Zeit für Meditation, Rückbesinnung und Training. Und sie will anderen Menschen Hoffnung geben: „Wir sind alle in der gleichen, blöden Situation. Aber wenn wir das zusammen meistern, dann schaffen wir alles.“
Tamara, wie geht es Dir und deiner Hand
im Moment?
Seit vier Wochen habe ich wieder Gefühl in der
Hand, es passt alles gut und ich fühle mich sehr, sehr, sehr, fit… Meinem
Körper bekommt das geregelte Leben wunderbar: Ich bin zuhause, habe mein
eigenes Bett, gutes Essen und regelmäßiges Training. Als ich nach dem Unfall (ihr
Expeditionspartner Simone Moro stürzte rund 20 Meter tief in eine
Gletscherspalte und wurde von Lunger mit einer Hand am Seil gehalten)
heimkam, war ich komplett am Boden. Man will immer das Beste geben, ich wollte
sogar bleiben und die geplante Überschreitung von Gasherbrum I (8080 Meter) und
Gasherbrum II (8035 Meter) vollenden. Mein Partner Simone fragte mich damals
„fehlt’s dir?“.
Jetzt meditiere ich viel und lege den Fokus auf
meine Persönlichkeitsentwicklung. Ich habe mir viele Fragen gestellt. Ist das
noch mein Weg, warum muss ich drei Mal im Winter versuchen einen 8000er zu
besteigen, ich bin zweimal fast drauf gegangen dabei. Was muss ich ändern, will
ich zu viel, bin ich zu aggressiv? Ich kann diese Fragen noch nicht ganz genau
beantworten, aber es wird immer klarer.
Inwiefern hat Corona dein Leben und deine
Lebenseinstellung verändert?
Der durch Corona verursachte Stillstand kam im
richtigen Moment, ich empfinde ihn als Segen. Mit einem Mal hatte ich Zeit für
mich, zum plärren (weinen) und nachdenken. Ich konnte mich nicht
ablenken mit Skitouren gehen oder Freunde treffen. Stattdessen wurde die
Persönlichkeitsarbeit vorangetrieben, ich sehe mich jetzt schon als anderen
Menschen. Die geforderten Verhaltensänderungen sind mir anfangs unmöglich
vorgekommen, aber dann hab‘ ich mir gesagt, du hast sonst auch vor nichts
Angst, dann kannst du das doch auch.
Warum bist Du jetzt ein anderer
Mensch?
Ich bin froh, dass ich noch lebe. Erfolge sind
schön, aber ich will sie nicht mehr auf Biegen und Brechen. Ich habe mir selbst
so einen Druck gemacht vor den Expeditionen, hatte mehr Angst zu versagen als
Freude. Jetzt bin ich lockerer geworden und gebe mir die Zeit, herauszufinden,
was ich will. Mein neuer Sponsor, La Sportiva, steht hier voll hinter mir, wir
sind wie eine Familie.
Was sind deine Ziele für dieses Jahr?
Ich will nach der Corona-Krise so fit sein wie
noch nie – das bin ich schon (lacht). Und ich will mehr für mich selbst
da sein und weniger Zeit an kritische Menschen verschwenden. Das hat mich in
den vergangenen Jahren viel zu viel belastet. Bislang steht nur eine mögliche
Expedition an: Die Mongolei im Juli. Ich würde sehr gerne fahren, aber
natürlich muss man abwarten, wie sich die Lage entwickelt.
Wie sieht dein tägliches Training
daheim im Eggental aus?
Gerade vorher bin ich 15 Kilometer gerannt. Ich
habe ja die schönsten Strecken direkt vor der Haustür im Sternendorf Gummer.
Ich trainiere zweimal am Tag. Mal beim Bouldern an einer Steinmauer oder
Klimmzüge, dann wieder Krafttraining. Es wird mir nicht langweilig. Aus der
wunderschönen Natur hier im Dolomiten UNESCO Welterbe schöpfe ich viel Kraft.
Ich schaue mich ganz genau um und umarme wirklich Bäume (lacht), das
gibt mir wieder Energie. Ich fühle mich sehr verbunden mit der Schönheit meiner
Heimat.
Wie sieht dein Kontakt zur Außenwelt
aus?
Jeden Montag und Donnerstag biete ich auf
Instagram ein Online-Training an. Und es ist so cool, wie gut das bei den
Leuten ankommt. Derzeit kann man mit so wenig viel bewirken. Die Menschen
schreiben mir, wie sehr sie sich auf diese Termine freuen. Sie sind dankbar,
dass ich ihnen in der schweren Zeit helfe.
Letzten Samstag habe ich live eine Stunde lang ein
„Vision Board“ erstellt und die anderen aufgerufen mitzumachen, um positiv in
die Zukunft zu starten. Es ging um Zusammenhalt und Unterstützung in der
Gesellschaft, schließlich sind wir alle in derselben blöden Situation. Aber
auch um Liebe als Antrieb, Dinge zu bewältigen, um die Einstellung zum Leben.
Normalerweise sind die Südtiroler harte Burschen, aber als Feedback schrieben
mir Männer, dass sie Tränen in den Augen hatten. Ich möchte Denkanstöße bieten.
Zeigen, dass wir gerade eigentlich alle im Basislager bei schlechtem Wetter
ausharren. Wenn wir das gut überstehen, schaffen wir alles andere auch.
Was ist deine Lieblingstour daheim?
Eine sehr schöne Route ist die
Latemarüberschreitung mit der Begehung des Hauptgipfels. Das ist eine
tagesfüllende Tour, die geologisch einmalig ist, manchmal ein bisschen
ausgesetzt. Dafür sollte man schwindelfrei und geübt sowie sehr fit sein. Wer
ein Abenteuer sucht, kann in der Biwakschachtel übernachten – das ist dann
wirklich einsam.
Du bist Extrembergsteigerin, wie
schätzt Du das gesundheitliche Risiko in Südtirol ein?
Sollte ich Corona bekommen, kann ich meine Karriere vergessen. Ich habe dennoch keine Angst davor. Denn die Angst ist dein Feind. Inzwischen habe ich gelernt, dass man genau das anzieht, wo man die meiste Energie reinsteckt. Ich kann nur jedem ans Herz legen, keine Energie in Befürchtungen zu legen. Ohne unnötiges Kopfkino lebt es sich viel besser.
Sollte ich Corona bekommen, kann ich meine Karriere vergessen. Ich habe dennoch keine Angst davor. Denn die Angst ist dein Feind. Inzwischen habe ich gelernt, dass man genau das anzieht, wo man die meiste Energie reinsteckt. Ich kann nur jedem ans Herz legen, keine Energie in Befürchtungen zu legen. Ohne unnötiges Kopfkino lebt es sich viel besser.
Über das Eggental
Die sieben Orte des Eggentals liegen nur 20
Kilometer von der Autobahnausfahrt Bozen Nord. Das Gebiet wird von nur 9.300
Einwohnern bewohnt und erstreckt sich über 200 Quadratkilometer, davon sind 70
Prozent Waldfläche. Wanderer haben im Angesicht des Dolomiten UNESCO Welterbes
mit Rosengarten und Latemar gut 500 Kilometer markierter Wege zur Auswahl.
Unter besonderem Schutz stehen die Naturparks Schlern-Rosengarten und die
Bletterbachschlucht. Insgesamt 30 Hütten und Buschenschänken bieten
traditionelle Südtiroler Köstlichkeiten an und laden auf ihren großen
Sonnenterrassen zum Einkehren ein. Die rund 5000 Gästebetten verteilen sind
sich auf 17 Hotels im 4-Sterne-Bereich sowie auf weitere 45 Hotels im 3-Sterne
Bereich. Rund 65 Prozent der Unterkünfte – darunter Apartments für
unterschiedliche Ansprüche – sind klein und familiengeführt.
Info:
Zur Vita und
den sportlichen Erfolgen von Tamara Lunger siehe www.tamaralunger.com
Eggental Tourismus, Dolomitenstraße 4, I-39056
Welschnofen, Tel.: 0039/0471/619500, info@eggental.com, www.eggental.com
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Dieter
Buck
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