unbezahlte Werbung
In den Pfunderer Bergen
Von Almen und Gipfeln
Wie schnell doch die Zeit vergeht. Als wäre es erst gestern gewesen kommt mir mein erster, eher zufälliger Kurzaufenthalt in der Südtiroler Region Gitschberg Jochtal vor. Und schau ich nach, so sind ist doch schon acht Jahre her.
Aber ich habe die Region in bester Erinnerung behalten und ich hatte mir damals fest vorgenommen, wiederzukommen. Jetzt war es also soweit. Die Vorfreude war riesengroß. Dieses Mal wollte ich meine Zeit bewusst hier verbringen und informierte mich also. Wo – in Wikipedia natürlich. Dort war zu lesen, dass diese Gebirgsgruppe den südlichen Teil der Zillertaler Alpen, ab dem Zillertaler oder Alpenhauptkamm bildet. Umgeben ist die Berggruppe von Pfitsch-, Wipp-, Eisack-, Puster-, Tauferer-, und Mühlwalder Tal.
Eine etwas verregnete und vernebelte Anfahrt über den Jaufenpass und den Anfang des Pustertals brachte mich hinauf nach Meransen in das Biohotel Gitschberg, das gleich einem Adlerhorst in der Höhe liegt und sich in die weiten Wiesen schmiegt. Schon der Anblick von außen fasziniert, und dass es innen adäquat weitergehen würde, war zu vermuten. War dann auch so. Die Talstation der Seilbahn auf den Gitschgipfel – ich kannte sie ja schon - war auch nicht weit, sodass sich das Hotel auch bestens für Wanderer eignet.
Biohotel Gitschberg: Warmer Empfang
Zuerst stand allerdings die Eroberung des Boutiquehotels der Familie Peintner an. Nach der etwas feuchten, nebeligen und steilen Anfahrt gab es einen warmen Empfang. Persönlich sowie durch die heimelige Atmosphäre des mit viel Holz und interessanten Details und Ausstattungs- und Dekoobjekten liebevoll erbauten bzw. eingerichteten Hauses. Ankommen und wohlfühlen war eines.
Auch in dem großen Zimmer, in dem ich
untergebracht war – eine Welt für sich. Man fühlte sich daheim. Es folgte
zuerst ein Sprung ins Wasser, angenehm warm und mit einem Innen- und
Außenbecken mit weiter Aussicht. Die Ruheliegen davor konnte ich allerdings
wetterbedingt nicht ausnützen.
Mittags noch ein bisschen Kuchen mit Sahne gesnackt, und bald erwartete uns auch schon das herrliche Abendessen, natürlich in Bioqualität. Genauso ging es auch an den folgenden Tage weiter. Man fühlte sich daheim, man fühlte sich willkommen, um fühlte sich nicht anders als wohl, wohl, wohl.
Unterwegs mit Karin
An den Tagen danach durfte ich mit Karin unterwegs sein, einer Wanderführerin, Entspannungs- und Kneipp-Gesundheitstrainerin, Waldbaden-Expertin mit Fortbildungen zum Thema Kräuter, Geologie, Natur und Qi Gong, wie man sie sich wünscht. Mit dem berufserforderlichen Wissen sowieso, aber auch mit profundem, fast unheimlichem Wissen über ihre Heimat und ihre Wandermöglichkeiten, das sie gerne mit einem teilt. „Wandern mit mir ist ‚AndersWandern‘”, sagt sie, und ich war gespannt.
In die Welt der Dreitausender
Der erste Tag führte unter Karins Begleitung in die einsame und wenig erschlossene Pfunderer Bergwelt, die vor Dreitausendern nur so strotzt. Darunter nur grün, grün, grün, man fühlt sich an die Allgäuer Grasberge erinnert. Oder, poetischer, an das Auenland im „Herrn der Ringe“. Nur wird man die Hobbits vermissen. Dafür pfeifen die Murmeltiere. Und wie sagte Karin so schön: „Man spürt die Kraft des Grün.“ Auch nicht schlecht.
Und nach der Anfahrt durch das Weitental ins Pfunderer Tal und vorbei an vielen wunderschönen alten Höfen ging es hoch zur 2047 Meter hoch gelegenen Gampielalm, die man zu Fuß vom letzten Parkplatz aus in etwa 90 Minuten erreicht. Sie ist etwas besonderes, nämlich eine preisgekrönte Alm. So wurde sie bereits 2010 wegen der Qualität ihres Angebots zur Almhütte des Jahres erkoren und 2013 hat der Besitzer den Bergbauernpreis für seine beispielhafte Arbeit bekommen.
Weitere Wandermöglichkeiten in dem eher stillen Pfunderer Tal sind, will man eher unten bleiben, zum Beispiel der Höfewanderweg, ein Rundweg beiderseits des Tals, bei dem man viele der teils uralten Höfe zu sehen bekommt. Oder der knapp neun Kilometer lange Almenhüttenrundweg. Vom Weiler Dun aus geht es bei ihm zur Egger-Bodenalm, danach zur Gampielalm. Außer leckerer Einkehr und Ausblicken durch das Pfunderer Tal, die Rodenecker und die Lüsneralm sieht man sogar bis zum Peitlerkofel in den Dolomiten. Dabei bewältigt man 720 Höhenmeter und ist 3 ¾ Stunden unterwegs. Wer weiter hinauf will, dem sei der Pfunderer Höhenweg empfohlen, der eine große alpine Runde durch die beeindruckende Bergwelt zieht. Oder man wandert zu den Seen wie dem Eisbruggsee oder zur Edelraut- oder Kröllhütte.
Aber zurück zur Gampielalm. Es war Sonntag, und es war rappelvoll. Aber nicht von Touristen, sondern von Einheimischen. Das ist ein gutes Zeichen. Nicht nur, dass man in dem Tal vom Massentourismus verschont ist, sondern weil die Einheimischen als Gast ein guter Anzeiger für die Qualität des Angebotenen sind. Sie lassen sich kein X für ein U vormachen. Dementsprechend ist auch das Angebot. An diesem Tag lockten zum Beispiel Erdäpfelblattlan mit Kraut. Das sind herausgebackene Taschen aus Kartoffelbrei mit einem feinen Kraut. Lecker wars. Das gibt es hier immer sonn- und feiertags. Was wir auch zu sehen bekamen, das war das Pfundra Hiate, der Pfundner Hut. Allerdings nur in einer Miniausgabe. Aber als Original gehört er zu jedem echten Pfunderer. Seine Herstellung soll um die 300 Stunden dauern, muss doch das Roggenstroh, aus dem er geflochten ist, erst geflochten werden, wusste Karin zu berichten.
Und sie wusste noch mehr – zu meinem Erstaunen, dass Schuhplatteln hier gang und gäbe wäre. Und dass die Pfunderer Gitsch’n, also die Mädchen, eine beliebte und begehrte Gruppe dafür bilden würden. Oder dass vor der Gampielalm das alte Brauchtum des Ranggelns, in etwa Ringen, stattfinden würde. Mal lernt eben nie aus…
Auf den Dreizehnten!
Der höchste Gipfel der Pfunderer Berge ist der Niedere Weißzint (3263 m), und an 13. Stelle steht der Gitschberg mit 2512 Metern Höhe. Sagt jedenfalls Wikipedia, der Alleswisser. Von dem von mir erwanderten Gebiet wäre jedoch die Wilde Kreuzspitze der Hauptgipfel, erklärte mir Karin. Der vor allem als Wintersportgebiet bekannte Gitsch war eines meiner Ziele. Seinen Namen hat er von seinen eher weiblichen Formen, denn Gitsch ist ein alter Begriff – ich kenne ich beispielsweise auch aus anderen Regionen – für Mädchen/junge Frau.
In wenigen Minuten brachte mich bei einem früheren Besuch die Seilbahn hinauf zur Bergstation, die aber etwa eine Stunde unterhalb des Gipfels liegt. Trotz Verbauung wird man zuerst von der Aussicht, die man nach der Fahrt mit der Kabinenbahn durch den Wald so frei gar nicht erwartet hat, fast sprachlos. Ich folgte dem schmalen Steig, der rechts an Nesselhütte (2107 m) vorbei, steil hinauf führt. Zum Teil auf Treppenstufen und vorbei an der Skulptur eines Steinbocks, danach eines Adlers ging es hinauf.
Die Aussicht wurde immer prächtiger, und vor allem je höher man kommt, umso weniger stören die Seilbahnbaulichkeiten. Nach einer Murmeltierfigur erreichte ich die Gitschhütte (2210 m). Damals war hier Schluss. Heute könnte man mit der Bergbahn bis zum Gipfel fahren. Dort ist man dann wirklich von den Socken: Eine kreisrunde Panoramaplattform, auf der die verschiedenen Berge der Umgebung aufgelistet sind, bietet einen Blick auf 500 Gipfel! Und ein Fernrohr gibt es natürlich auch. Der Blick schweift über das Eisacktal, die Zillertaler und Sarntaler Alpen, die Stadt Brixen und das Pustertal bis zu den Dolomiten mit Petlerkofel, Seiser Alm und Schlern.
Damals wanderte ich jedoch auf einem schmalen Steig hinab zu den beiden Gebäuden der Zassleralm/-hütte. Hier hielt ich mich rechts, immer etwas ansteigend. Später folgte eine herrliche Hangwanderung durch die Almwiesen auf einem unbefestigten Pfad, wieder mit einer Aussicht, sodass es einem die Tränen in die Augen hätte treiben könnte. Schließlich querte ein anderer Weg. Hier hätte man hinauf zum Kleingitsch oder zumindest ein Stück in diese Richtung gehen können. Nach links wies der Weg nach „Meransen“, diese Richtung nahm ich auch. Nun hatte ich auch nach rechts, sprich Westen, einen Blick.
Auf angenehmem Grasweg ging es abwärts, unterwegs kamen Bänke zum Rasten, bei einer Holzhütte stand ein alter Holzbrunnen und, viel interessanter: eine Panoramatafel, die einem erklärte, was man alles sieht. Zum Beispiel die Dolomitengipfel. Sie waren zwar schon die ganze Zeit zu sehen, und den einen oder anderen markanten Berg kannte ich, aber beileibe nicht alle. Geradeaus unter uns sah ich schon die Moserhütte.
Hier kann man einkehren, sich erholen und Hunger und Durst stillen. Unterhalb der Moserhütte boten sich zwei Möglichkeiten. Nach links und geradeaus wurde Meransen mit 1.10 Stunden angegeben. Welche nun nehmen? Beide führen anfangs durch den Wald. Ich wollte besonders schlau sein und überlegte mir, bei welcher Strecke hat man nach dem Wald die beste Aussicht. Ich vermutete, das könnte die Strecke über den Parkplatz Altfasstal sein. War es vielleicht auch, kann ich aber nicht empfehlen. Ich kam nämlich an der Bergstation der Seilbahn heraus, die vom Tal heraufführt. War aber meine Schuld. Man sollte sich halt die Karte genauer ansehen … Aber ich kam letztendlich trotzdem zielgerecht wieder am Ausgangspunkt an.
Heute findet man an der Bergstation einen großen Kinderspielplatz. Man kann davon halten was man will, aber so lockt man halt die Kinder in die Berge und gewöhnt sie vielleicht an sie.
Fane Alm: eine Alm wie aus dem Bilderbuch – und war schon Spielort „des Bergdoktors!
Die Fane Alm, eines der schönsten Almendörfer der Alpen und in Südtirol einmalig, entstand im Mittelalter als Lazarett für Pest- und Cholera-Kranke. Sie besteht aus urigen, schindelbedeckten Wohn- und Heuhütten, einem kleinen Kirchlein und mehreren Almschenken inmitten sattgrüner Almwiesen, auf der mehr als 300 Kühe sömmern. Eine Alm wie aus dem Bilderbuch. Manch eine/r kennt sie vielleicht: Sie ist auch ein beliebter Drehort für Filme und Serien, und 2014 wurden auch Teile des „Bergdoktors“ hier gedreht. Aha!
Man kann das Almdorf vom Parkplatz im Valser Tal aus erwandern, was zwar eine Schöne Waldwanderung ist, aber doch einige Höhenmeter mit sich bringt und auch Zeit kostet. Besser man fährt einen der höher gelegenen Parkplätze an. So haben wir es gemacht. Mit Karin spazierte ich dann leicht ansteigend auf die dörfliche Pracht der herrlichen hölzernen Almhäuser zu.
Zwei davon sind bewirtschaftet, die anderen kann man mit ihrer gemütlichen Holzarchitektur von außen bewundern. Manch eines zeigt sich so, wie es wahrscheinlich seit Jahrhunderten aussieht. Und das alles in einer herrlichen Hochgebirgsumgebung. Wir folgten dann dem ins Tal hinein führenden Weg, der immer am, über und teilweise durch die Wiesen mäanderem Valser Bach entlang führt.
Die ersten Kühe wareh seit ein paar Tagen auch auf der Alm und kauten gemütlich ihr Frühstück wieder. Frühlingsalpenblumen blühten auch, darunter das mir noch unbekannte fleischfressende Fettkraut (Peningula). Dank Karin weiß ich das jetzt auch. Dem Weg folgend kommt man zur Labesebenalm, wo man sich eine Rast vor dem Rückweg verdient hat. Strenger ist eine Tour zum Marblsee ausgeschrieben. Dazu gibt es den recht fordernden Rotenstein Höhenweg, auch vorbei am Marblsee, als Verbindung zwischen dem Jochtal Lift und der Fanes Alm. Er ist allerdings wirklich ausdauernden und trittsicheren Wanderern vorbehalten. Auch eine Tour zum ausgesprochen tiefen Wilden See wäre möglich, aber anstrengend.
Zu was ich bei meinen Südtiroler Wandertagen gar keine Zeit hatte, war ein Besuch im wildromantischen Altfasstal. Karin hat es mir heiß empfohlen, aber meine Reisetage sind nun halt auch endlich. Aber dort hätten mich ebenfalls herrliche Wandermöglichkeiten erwartet. Von den Schwierigkeitsgraden her wären sie eher einfach, als Familienwanderungen geeignet von Eltern mit Kindern bis zu Senioren. Es ging aber auch eine Stufe härter: Hinauf zur 2715 Meter hohen Seefeldspitze, die mit einem spektakulären Panorama über das gesamte Altfasstal aufwarten kann. Also dann, das nächste Mal.
Allerdings war der Tag noch nicht zu Ende, und so nahmen wir talauswärts vor Vals den Jochtal Lift, der uns ein letztes Mal hinauf brachte. Eine Wanderung zu den Stoana Mandl empfahl sich nicht, denn dort war eine Baustelle für eine neue Liftanlage. Aber oben trotzdem wieder Ausicht ohne Ende.
Vor allem auf unserer Runde zur Ochsenalm. Weite Blicke zum Sarntal, ins Wipptal, zur Brenner-Autobahn, zu den Dolomiten und zum Gitschberggipfel erwarteten uns. Außerdem mich bei der Einkehr in der Ochsenalm ein Knödelsuppe vom Feinsten. Dabei fiel mir auf, dass ich an diese Suppe, die ich sonst bei Südtirolreisen einmal am Tag essen „musste“, dieses Mal ganz vergessen hatte.
Also genoss ich sie mit Begeisterung, bildete sie doch gleichzeitig einen würdigen Abschluss meines diesjährigen Südtirolaufenthalts.
Dieter Buck
Info:
www.gitschberg-jochtal.com
Unterkunft:
Biohotel Gitschberg, www.gitschberg.it
Wanderführerin:
Karin Kinigadner, www.karinkinigadner.com
Karte:
Pfunderer Berge 081, Kompass, 1:25000
Gampiel Alm, www.gampielalm.com. Es gibt auch glutenfreie Kost.
Brennerei Jürgen Theiner, www.brennerei.it
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen