Vom Valsugana ins Lagorai-Gebirge
Hinauf zu den Laghi dell’Inferno
Was man unter einem Inferno versteht, das wissen wir auch im
Deutschen. Und Infernoseen? Man darf gespannt sein, was sich dahinter
verbirgt. Und um es vorher schon anzudeuten, es war ein überaus erlebnisreicher
Tag, zu dem mich mein Führer Alessandro begleitete.
Dieses Mal stand das
Lagoraigebirge auf dem Programm. Dieser herrliche Gebirgszug, in dem weite
Wanderungen, auch eine Durchquerung, auf relativ einsamen Pfaden möglich sind,
beginnt in Levico Terme und zieht sich nördlich des Valsuganatals rund sechzig
Kilometer nach Osten.
Zuerst führte aber die Fahrt von
meinem Quartier in Levico Terme durch das Valsuganatal nach Osten, dann ging es
nach links hinauf und etwas später rechts ab ins Val Campanelle. Dabei durchfuhren
wir gefühlt drei geografische Zonen. Zuerst hatte die Gegend eine überaus
italienische Anmutung, wie man sie sich viel weiter vorgestellt hätte,
allenfalls der Vinschgau mit seinen Plantagen hatte eine gewisse Ähnlichkeit.
Danach führte der Weg durch eine recht wilde, tiefe Schlucht, durch die sich
das schmale Sträßchen an die Felswand geklebt schlängelte, und auf einmal
öffnete sich das Tal und man fuhr durch eine liebliche Gegend mit Almwiesen.
Wie im Schwarzwald, aber mit Sonnengarantie
Und hier starteten wir am
Parkplatz Tedon (1350 m). Von hier aus folgten wir dem wild rauschenden Rio
Caserine. Schwarzwaldfeeling kam auf: Hohe Nadelbäume, schmale Wege und Pfade,
und ein wilder Bach mit Kaskaden und Wasserfällen neben dem Weg ließen ein ganz
unitalienisches Gefühl aufkommen.
Schließlich traten wir aus dem
Wald hinaus, und wieder überraschte am Platz Ponte Caldenare (1755 m) eine ganz
andere Landschaft: Ein glasklarer Bach mäanderte durch grüne Wiesen, im
Hintergrund stand eine riesige Felswand und dazwischen grüßte von einer Anhöhe
das Rifugio Caldenave herab. Ein idyllisches Bild, das sich auch ein paar
Familien als Picknickplatz erkoren hatten – einen schöneren Spielplatz als das
Bächlein findet man wohl auch selten.
Der Weg führte kurz am Bach entlang,
dann schwang er sich aber nach links hinauf, wieder in den Wald. Durch ihn
marschierten wir, teilweise auf schmalen und kurzzeitig auch ausgesetzten
Steigen, bis in ein Hochtal. Das Inferno kündigte sich nun an.
Abenteuer im Inferno
Tja, und dieses Inferno entpuppte
sich als das, was ich schon halb vermutet hatte: Es war ein riesiges
Bergsturzgebiet, wie man es selten findet. Wie eine Arena ist die Fläche von
hohen Bergflanken umgeben. Unten floss der Bach und vor uns lagen die Laghi
dell’Inferno (1980 m). Leider waren wir aber zu früh nach der Schneeschmelze da
– auch die Soldanellen, die wir sahen wiesen auf die frühe Jahreszeit hin - und
der See hatte ein riesiges Ausmaß angenommen. Auch die Wege waren überschwemmt.
Auf regulärem Weg war an kein Fortkommen mehr zu denken.
Also schlugen wir uns auf einer
Seeseite durch, kletterten über die riesigen Felsbrocken, schauten, dass wir
uns nicht die Füße in den Spalten verkeilten und uns die Knochen an den
wackeligen Steinen brachen. Na ja, irgendwie schafften wir es aber auf die
andere Seite, wo wir wieder auf den Wanderweg stießen. Nach diesem Abenteuer
aber war erst einmal eine Rast am eigentlich idyllischen See in seiner
amphitheaterähnlichen Umrandung fällig.
Danach wäre es aber schön gewesen,
wenn es bergab gegangen wäre. Es folgte aber noch kurzer weiterer Anstieg, dann
hatten wir von der Anhöhe aus einen herrlichen Blick über das Lagoraigebirge.
Ab einem kleinen Hüttchen ging es
aussichtsreich durch einen lichten Lärchenwald bergab; im Spätherbst muss das
bei der Färbung der Bäume ein Paradies sein. Ab und zu spickte ein Gewässer
zwischen den Lärchen hervor, der Lago di Bussabella. Kurz nach diesem
idyllischen See ging es über eine Wiesenfläche steil hinab zu einer Hütte.
Danach begann der einfachere Teil
der Wanderung: Im Prinzip eine Hatscherei durch den Wald zurück zum Parkplatz.
Unterbrochen wurde dieses Wegstück aber durch eine Besonderheit, die es nur im
Valsugana gibt.
Slow Food Almkäse von der Adoptivkuh
Im Valsugana kann man eine
Kuh „adoptieren“. Gegen Gebühr kann man nämlich eine der etwa 150 Milchkühe,
die ihre Sommerfrische auf den 17 Almen nördlich und südlich des Valsugana
verbringen, adoptieren: Carolina, Juventina,
Marta, Nadel, Rossa, Dolores, Laura – und wie sie sonst noch alle heißen. Meine
Adoptivkuh hieß übrigens Molly, lebt auf der Malga Caserina, und war bereits
Großmutter, demnächst sogar Urgroßmutter, wie der Senner Francesco Lenzi
erzählte.
Wer eine Kuh adoptiert, zahlt 60 Euro, von denen 10 Euro an
wohltätige Zwecke weitergereicht werden, und erhält dafür Butter und Käse, den
diese Kuh produziert. Und einen Identitätsausweis mit Hufabdruck Das ist zwar
eine Sache, die vor allem Kindern Spaß macht, aber auch Wanderer in gesetzterem
Alter haben ihre Freude daran. Und an Butter und Käse natürlich.
Und die Malga Caserina lag sogar
auf unserem Weg. Grund genug, also, „unsere“ Kuh zu besuchen, ein Schwätzchen
mit dem Senner zu machen, und den Käse der Adoptivkuh mitzunehmen.
In dieser
ganzjährig bewohnten Alm kann man auch „Urlaub auf dem Bauernhof“ machen. Nach einer Einkehr und mit etwas
mehr Gewicht im Rucksack ging es dann recht flott zurück zum Ausgangspunkt.
Diese Tour ist etwa 13,5 Kilometer
lang, bringt etwa 740 Höhenmeter mit sich. Wegen der Überschwemmungsgefahr nach
der Schneeschmelze ist sie ab etwa Mitte Juni zu empfehlen.
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Weitere Informationen:
Tourismusverband Valsugana Lagorai
I-38056 Levico Terme (TN), Viale
V. Emanuele, 3
Tel. +39 0461 727700
www.visitvalsugana.it
info@visitvalsugana.it
Info Adoptivkuh: www.visitvalsugana.it/adottaunamucca
Bergführer:
Alessandro Beber
Kontakt: www.mountime.com
Telefon +39 3394852008
Unterkunft:
https://www.hotel-ambassador.it/de/
Empfohlene Karte:
KOMPASS Wanderkarte 75, Valsugana, Trento, Piné, Levico, Lavarone: 5in1
Wanderkarte 1:50 000 mit Panorama, Aktiv Guide und Detailkarten 1:25 000
Literatur:
Benno F.
Zimmermann: Vizentiner Alpen. Fleimstal Lagorai Valsugana Monte Grappa Monti
Lessini. 58 Touren. Rother Wanderführer, 1. Auflage 2017, 272 Seiten mit 80
Farbabbildungen, 58 Höhenprofile, 58 Wanderkärtchen im Maßstab 1:50 000 /
1:75 000, eine Übersichtskarte, GPS-Tracks zum Download, Format 11,5 x
16,5 cm, kartoniert mit Polytex-Laminierung. Rother Verlag, München, 20176.
ISBN 978-3-7633-4514-4. 14,90 Euro [D] • 15,40 Euro [A] • 21,90 SFr
E-Book: ISBN 978-3-7633-0224-6 12,99 Euro [D] • 12,99 Euro [A] • 18,90
SFr.
Alessandro Beber: Erlebnisskitouren im Lagorai. 196 Seiten, farbig illustriert. Tappeiner
Verlag. ISBN 978-8870735628.
9,90 €.
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Dieter Buck
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